WortBilder

Ein Wort -zumeist composita- wird zum Bildgegenstand. Es ist aus seinen Kontexten herausgelöst und steht den unterschiedlichen Texten des Betrachters zur Verfügung. Die Farben sowie die gewählte Schablonenkistenschrift mischen sich in diesen Prozess ein. In verschiedenen Zusammenstellungen entstehen unterschiedliche Konnotationsfelder.

...Der Begriff "WortBilder" klingt wie ein Widerspruch in sich. Worte und Bilder scheinen erst einmal Gegensätze.: Bilder zeigen etwas, einen Gegenstand, eine Person, eine Farbe. Worte benennen etwas, einen Gegenstand, eine Person, eine Farbe. Bilder wenden sich zuerst und vor allem an die Augen. Worte zuerst an die Ohren, dann auch -gedruckt oder geschrieben- an die Augen. Bilder stellen einen Zustand dar, sie symbolisieren, präsentieren oder repräsentieren. Der Gegenstand von Bildern ist eindeutig: ein Gesicht hat spezifische Züge, eine Landschaft ist unverwechselbar. Wörter sind vieldeutig, sie können einen Gegenstand einkreisen, beschreiben... Wenn man sich diese Entgegensetzungen nachdenkend durch den Kopf gehen lässt, dann regt sich Widerspruch. Wörter können Bilder heraufbeschwören, Bilder Begriffe. Ein Wort kann ein Bild in unserer Vorstellung entstehen lassen, lese ich das Wort "Grün", so kann ich mir Grünes oder sein Komplementär vor Augen stellen. Ein Bild kann zu einem Begriff führen, ich kann von ihm einen Begriff ableiten. Ich kann die aus Worten gebildete Erzählung in einem Symbol zusammenfassen und ich kann eine gemalte Repräsentation in einer Erzählung auflösen.

In seinen WortBildern erhebt Klaus Steinke das Wort zum Bildgegenstand. Uns als Bild vor Augen gestellt, ist es aus seinen Zusammenhängen, aus seinen Sätzen, herausgelöst. In all seiner Sperrigkeit steht es nun den unterschiedlichen Texten der betrachtenden Menschen zur Anschauung. Die Farben mischen sich in diesen Prozess ein. Wenn ein Wort nur schwer lesbar ist, in Schwarz auf schwarzem Grund oder Weiß auf weißem Grund gemalt, wird es uns anders beschäftigen als wenn es in Pink auf giftgrünen Grund gemalt ist. Mit der Schablone gefertigte Druckbuchstaben wirken anders als eine kindliche Schreibschrift wieder anders als zerfallene Buchstaben. Doch um all das auf uns wirken zu lassen, braucht es Zeit, müssen wir die WortBilder mit den Augen einatmen, mit dem Verstand durchmustern und mit den Augen wieder ausatmen. Ein Bild ist immer nur der Anfang eines Erkenntnisprozesses...

(Detlef Hoffmann, aus; Klaus Steinke "Wortbilder")

Abbildung aus Katalogbroschüre

"Drüber & Drunter"

"Annes Kleid" (von/für Anne Frank)

Wörterkiste mit 24 WortBildern

(im Besitz der Anne-Frank-Stiftung, Amsterdam)